Kinder und Gefühle

Warum ist es wichtig, kleine Kinder in ihren großen Gefühlen zu begleiten? Wie reagiere ich auf einen Wutanfall, wozu ist Angst gut und wie wichtig ist es, auch mal traurig zu sein? Antworten und Tipps für den Alltag gibt die Expertin Julia Tiedge im Video-Interview mit Tanja Mairhofer. 

 

Eine gute Hilfe für Kinder ist die Gefühls-Uhr mit Elefant und Hase zum Ausdrucken!

Kinder und Erzieher im Morgenkreis auf dem Boden

Große Gefühle bei kleinen Kindern

Kinderpsychotherapeutin Julia Tiedge

 

Begleitend zu den fünf Gefühls-Folgen der Sendung mit dem Elefanten hat Moderatorin Tanja Mairhofer stellvertretend für die Eltern im Gespräch mit Kinder- und Jugendlichentherapeutin, Pädagogin und dreifacher Mutter Julia Tiedge nach Tipps zum Umgang mit großen Gefühlen bei kleinen Kindern gefragt. 

Im Video geht es um allgemeine Fragen rund um das Thema Gefühle begleiten und darum, wie sehr Eltern auch auf ihre eigenen Gefühle schauen müssen, um ihre Kinder gut zu unterstützen.

Wie geht man mit den großen Gefühlen von Kindern um?

Es ist ganz normal, dass Kinder große Gefühle haben. Das liegt daran, dass ihr Gehirn noch nicht so weit entwickelt ist wie unseres. Sie können ihre Gefühle noch nicht so gut sortieren und ausdrücken und auch nicht so gut darstellen, was in ihnen gerade passiert. Es ist immer sehr im Hier und Jetzt und deswegen auch sehr intensiv. Es ist Aufgabe der Eltern, diese Gefühle zu begleiten.

Das Wichtigste ist, dass man mit Kindern über ihre Gefühle und ihre Innenwelt spricht, das in Worte fasst und ihnen hilft, was in ihnen vorgeht nach außen zu bringen. Das geht auch mit Kreativität, mit Materialien wie Knete, Ton, oder wenn man sie malen lässt – das geht besonders bei Kindern, die nicht so gerne darüber reden. Bei Wut zum Beispiel kann es auch helfen, einen Pappkarton zu zerschlagen, das hilft und tut niemandem weh. So kann man erstmal das rauskriegen, was in einem vorgeht. 

Die eine Sache ist unseren Kindern zu helfen, ihre großen Gefühle nach außen zu bringen und die andere Sache ist, wir müssen gucken, was eigentlich mit unseren Gefühlen ist. Oft haben wir das von unserer Elterngeneration nicht gelernt, unsere Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und die in Sprache zu verfassen, damit der andere weiß, was eigentlich in uns los ist. 

Wir müssen als Eltern auch lernen, mit unseren Gefühlen umzugehen. Das nennt man dann Regulation und Co-Regulation (Steuern der Gefühle): Das heißt, ich muss mich selbst regulieren, um den anderen co-regulieren zu können. 

Das ist ganz unterschiedlich, weil jeder ein eigenes Thema hat. Wenn ich zum Beispiel von mir weiß, dass ich eine ängstliche Mutter und immer angespannt bin, dann kann ich daran arbeiten, ruhig zu sein und Vertrauen zu entwickeln. Etwa mit Atemübungen, Aromatherapie oder Yoga: Was immer auch zu mir passt und mir hilft, ruhig zu bleiben und mich sicher zu fühlen. Denn das Kind, was bei mir zu Hause aufwächst, hat sonst immer das Gefühl, beispielsweise auf dem Spielplatz: Achtung, das könnte gefährlich sein! Und traut sich dann weniger zu.

Über verschiedene Wege kommt beim Kind an, was von den Eltern weitergegeben wird: Einmal durch das soziale Verhalten, dann über die Gene – es gibt verschieden Einflussfaktoren. Aber es wichtig, dass die Eltern in sich selbst aufräumen und wissen, wie geht es mir eigentlich gerade, was brauche ich jetzt, was würde mir guttun? Das am besten vorleben und auch mit dem Kind darüber sprechen

Die Sendung mit dem Elefanten zu gucken, ist eine sehr gute Vorlage, um gemeinsam darüber zu sprechen, was dort passiert. Fragen wären zum Beispiel: Was erlebt das Kind da, was hat es gefühlt, kannst du das nachvollziehen, ging es dir auch schon mal so? Darüber kann man ins Gespräch kommen und schauen, wie geht es dem Kind im Alltag, hat es so etwas vielleicht auch schon mal erlebt?

In den Sendungen werden auch Möglichkeiten des Umgangs gezeigt, etwa Hilfe anzubieten und kleine Brücken zu bauen: Wenn du dich irgendwo nicht hintraust, dann schaffst du es mit Hilfe und beim nächsten Mal traust du dich vielleicht schon alleine. 

Das Wichtigste ist immer: Beim Kind bleiben. Das heißt, das Kind nicht alleine zu lassen mit seinem großen Gefühl. Egal, ob das Wut oder Trauer ist. Dann bekommt das Kind das Signal: Du bist grundsätzlich sicher, du bist geliebt, du bist angenommen, so wie du bist – auch mit den Gefühlen, die man in unserer Gesellschaft oft nicht gern haben möchte. Die sind aber genauso wichtig wie die guten Gefühle, die wir als positiv bewerten. 

Für die Eltern ist in diesen Situationen wichtig zu wissen, wie sie selbst ruhig bleiben. Wenn also zum Beispiel das Kind an der Supermarktkasse völlig ausrastet (weil es etwas haben will, aber nicht bekommt), muss ich wissen: Wie ignoriere ich jetzt die Blicke der anderen Leute, wie geht es mir, tief atmen, vielleicht einen Schluck Wasser nehmen, mich daneben setzen und warten.

Wenn ich mein Kind so begleite und es nicht alleine lasse und ihm im Nachhinein, wenn es sich wieder beruhigt hat, helfe zu verstehen, was da passiert ist, dann werden diese Wutanfälle immer schwächer und immer kürzer und dann gibt es sie irgendwann nicht mehr. Das Kind hat dann gelernt: Diese Gefühle sind gar nicht so bedrohlich.

Denn: Alle Gefühle sind willkommen!

Hier geht es zu den einzelnen Themen-Bereichen für die Emotionen Wut, Liebe, Traurigkeit, Freude und Angst. Dort gibt es pro Gefühl ein eigenes Expertinnen-Interview mit konkreten Tipps für Eltern sowie die Gefühls-Folgen der Sendung mit dem Elefanten zum Anschauen. 

Bastel-Tipp zum Thema Gefühle

Familien-Beratung

Gefühle von Überforderung sind im Alltag mit Kindern ganz normal. Wenn aber Sie das Gefühl haben Hilfe zu benötigen, gibt es beim Nationalen Zentrum Frühe Hilfen Unterstützung für Eltern.

Hinweis: Wenn Sie diesen Link nutzen verlassen Sie das Angebot der Sendung mit dem Elefanten.

Literaturliste
  • Alexandra Köhler: Echte Nähe zum Kind, Kösel-Verlag 2022
  • Aletha J. Solter: Spielen schafft Nähe – Nähe löst Konflikte, Kösel-Verlag 2022
  • Nora Imlau: So viel Freude, so viel Wut – Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten, Kösel-Verlag 2018
  • Udo Baer, Gabriele Frick-Baer: Das große Buch der Gefühle, Beltz Verlag 2022