Interview Patricia Ennenbach

Patricia Ennenbach ist Datenjournalistin, Software-Entwicklerin und Erfinderin von Programmieren mit der Maus. Im Rahmen von Programmieren mit dem Elefanten hat sie bei der Konzeption des Angebotes mitgewirkt. In ihrem Interview erklärt sie, warum Programmieren auch schon für Kinder wichtig ist und was Programmieren mit dem analogen Alltag der Kinder zu tun hat.

Was ist eigentlich Programmieren?

Computer sind ja erst mal ziemlich dumm und man muss ihnen Schritt für Schritt sagen, was man von ihnen möchte. Ich sage also einem Computer, was ich von ihm möchte und probiere dann aus, was passiert und gegebenenfalls passe ich mein Programm noch mal an oder erweitere mein Programm.

Das wollten wir auch möglich machen für Kinder, die in der Vorschule sind oder tatsächlich noch nicht so weit, dass sie irgendwie beruflich programmieren würden. Und für dieses Programmieren braucht man gar nicht unbedingt total komplizierte Programmiersprachen, sondern das geht auch schon, indem man Kreise in Lücken zieht.

Bei Programmieren mit dem Elefanten lernt man Grundprinzipien kennen, die man dann auch bei Programmieren mit der Maus wiederfindet. Also zum Beispiel ein „Wenn-dann", das es bei Programmieren mit der Maus auch in der Kombination „Wenn-dann-sonst" gibt. Das ist ein Grundverständnis, eine Logik, die bei beiden Angeboten auftaucht. Und wenn man die schon von Programmieren mit dem Elefanten kennt, dann entdeckt man sie wieder. Genauso ist es mit Schleifen, also: Wie oft soll sich etwas wiederholen? Auch das gibt es bei Programmieren mit dem Elefanten und bei Programmieren mit der Maus. Und die grundlegende Mechanik ist auch bei beiden Angeboten dieselbe: Ich ziehe etwas zusammen und dann baut sich eine Art Programmcode auf.

Wenn man sich die App am Ende anguckt, in der vierten Schwierigkeitsstufe, dann wähle ich einen Auslöser und habe eine Schleife, wie oft sich etwas wiederholt. Und darin bestimme ich eine Bewegung oder ein Geräusch. Und wenn ich mir das zusammen angucke, dann habe ich, indem ich vier verschiedene Sachen in Lücken gezogen habe, schon ein kleines Programm geschrieben. Diese Mechanik ist dann bei Programmieren mit der Maus ganz genau so. Auch da zieht man Blöcke zusammen und die ergeben dann einen Programmcode, der von den Figuren ausgeführt wird.

Programmieren oder überhaupt Technik ist ein großer Bestandteil der Welt, in die Kinder hineinwachsen. Und wenn diese Technik in immer größerem Maße auch unser Leben bestimmt, dann ist es für mich total wichtig, dass Kinder und überhaupt größere Gruppen von Menschen Anteil daran haben, wie diese Technik entwickelt wird. Denn die Technik bestimmt unser Leben und wenn nur ein sehr kleiner Kreis von Menschen an dieser Entwicklung beteiligt ist, dann wird es irgendwann sehr ungerecht. Ganz viele Leute sind dann quasi nur noch Nutzer und andere sind die, die bestimmen, wie es läuft. Und aus dieser Ungleichheit wollen wir eigentlich rauskommen.

Das heißt ein gewisses Grundverständnis, zum Beispiel darüber, welche Grundlagen hinter solchen Programmen liegen, ist sehr wichtig. Welche Entscheidungen treffen vielleicht Programme auch über mein Leben? Das würden wir gern Kindern vermitteln, als Grundwerkzeug, also als Grundfähigkeit: So etwas wie Lesen und Schreiben ist dann auch Programmieren oder im Englischen heißt das „Coding literacy", also eine grundlegende Lese-, Schreibfähigkeit, was Programmieren angeht. Gar nicht, damit alle Programmiererinnen und Programmierer werden sollen. Es geht gar nicht um wirtschaftliche Verwertbarkeit, sondern es geht darum, dass man mitreden, mitbestimmen und auch mitgestalten kann. Weil auch das ein total wichtiger Aspekt ist. Programmieren macht Spaß. Meine Welt selber gestalten können, auch im Bereich der Technik, macht total Spaß und es gibt mir ein gutes Gefühl, dass ich Dinge bestimmen kann.

Bei Programmieren mit dem Elefanten sehr viel. Der analoge Alltag ist das, wovon wir ausgegangen sind. Was sind Sachen, die Kinder aus ihrem Alltag kennen und die dann im Programmieren oder in der Informatik auch vorkommen sollten? Wenn-dann ist zum Beispiel ein Prinzip, das sie überall in ihrem Alltag kennen. Also wenn ich etwas fallen lasse, kommt Mama oder Papa und hebt es wieder auf. Oder wenn ich auf die Ampel drücke, dann wird die irgendwann grün. Wenn Mama oder Papa eine Bankkarte in einen Bankautomaten stecken, kommt da irgendwann Geld raus. Das sind so Alltagserfahrungen, die wir nehmen wollten, an sie anknüpfen und dann zeigen, dass man damit was bestimmen kann. Nämlich in der App, was Elefant und Hase machen.

Ja, schon eine große Rolle. Ein bisschen größer wahrscheinlich auch als in anderen Familien, weil mein Mann macht auch Sachen mit Technik. Dementsprechend war das schon immer Thema und ich selber habe ziemlich spät eigentlich erst festgestellt, dass ich auch programmieren könnte und dass das überhaupt was für mich ist.

Und auf dieser Reise, als ich angefangen habe, programmieren zu lernen und mittlerweile ja auch als Programmiererin arbeite, da wollte ich immer schon auch andere mitnehmen und zeigen, dass das nichts ist, was nur eine bestimmte ausgewählte Gruppe von Menschen, die quasi dafür geboren worden sind, machen kann. Sondern dass das eigentlich was ist, was jeder und jede kann. Und deswegen habe ich schon ganz viele Kurse fürs Programmieren gegeben, an Grundschulen, für Frauen und Mädchen und bei den Sachen mussten tatsächlich − das gebe ich offen zu − auch meine Kinder oft schon mitmachen und haben da auch meistens Spaß dran.

Das heißt, die haben zum Beispiel auch schon mit dieser Block-Programmierung, die wir auch beim Programmieren mit der Maus verwenden, die Lernspiele entwickelt. Also meine Tochter hatte irgendwann keine Lust mehr, Sachen mit der Hand abzuschreiben und dann habe ich gesagt okay, wir können dein Spiel programmieren und dann kannst du es eintippen und eintippen macht mehr Spaß. Das Einprägen der Schreibweise, das kommt dann ganz spielerisch und dann hatte sie tatsächlich auch Nutzer:innen.

Wir konnten das dann veröffentlichen und dann gab es tatsächlich Kinder in ihrer Klasse, die das immer wieder auch benutzt haben und auch so ein bisschen eingefordert haben, dass sie dort dann neue Lernwörter einträgt. Das fand sie schon ziemlich cool. Mittlerweile ist sie elf und manchmal will sie auch nicht immer irgendwie mitprogrammieren mit der Mama und entscheidet sich lieber für die Schauspiel AG als für die Informatik AG. Das ist aber für mich auch völlig in Ordnung. Es geht nicht darum, sie auf irgendeinen Berufsweg vorzubereiten oder so, sondern sie soll das als Werkzeug haben. Und das merkt man schon, dass irgendwie so Grundlagen und Programmierung dazu führen, dass sie ganz anders darüber nachdenken kann: Welche Struktur sollte Daten haben oder wie würde ich ein Programm schreiben? Und das ist total schön zu sehen. Und wie sie das dann einsetzt und ob überhaupt, das kann sie selber entscheiden.